„Schon ein ,Pflanzentag‘ pro Woche trägt zum bewussten Essen bei“
Klimafreundlich, nachhaltig, saisonal, regional und flexitarisch – der Trend geht in Richtung bewusste Ernährung. Aber was genau bedeutet das eigentlich? Und wie kann ich das in meinen Alltag und meine Gewohnheiten einfließen lassen? Darüber haben wir mit Dr. Christina Steinbach, Ernährungswissenschaftlerin der DR. AMBROSIUS® Ernährungsberatung und Expertin aus den Ernährungsseminaren der IKK Südwest, gesprochen.
Ernährungswissenschaftlerin Dr. Christina Steinbach
Frau Dr. Steinbach, was versteht man unter bewusster Ernährung?
Dr. Christina Steinbach: Grundsätzlich kann ich das natürlich nur aus meiner Sicht beantworten: Bewusstes Essen hat viel damit zu tun, dass ich mir Zeit nehme, um Mahlzeiten gut und bewusst zusammenzustellen. Auch Nachhaltigkeit und die Verarbeitung von Lebensmitteln spielen eine Rolle. Und natürlich versuche ich, mein Ernährungsverhalten klimafreundlicher zu gestalten.
Wie kann ich meine Ernährung bewusster gestalten?
Als Faustregel achten wir in unserer Familie darauf, auf Fertigprodukte zu verzichten und regionaler und saisonaler zu kochen und zu essen. Mein Tipp: Lassen Sie sich vom Angebot der Wochenmärkte und Bauernhöfe in Ihrer Region inspirieren. Und: Die fette Kohlroulade und das Wiener Schnitzel müssen nicht jeden Tag auf dem Teller landen. Ich plädiere dafür, wieder mehr in Richtung „Sonntagsbraten“ zu denken, also Fleisch als etwas Besonderes wertzuschätzen.
Ist der Trend zum Flexitarier etwas für uns alle?
Schon wer einen „Pflanzentag“ pro Woche für sich einrichtet, leistet einen großen Beitrag zum bewussten Essen. Nach dem Hacksteak in der Kantine reicht es abends vielleicht, eher pflanzlich zu essen oder zumindest auf Milchprodukte auszuweichen. Das passt auch zum großen Trend: eine generell klimafreundliche, achtsame Ernährung, bei der insgesamt mehr Wert auf pflanzenbasierte Lebensmittel gelegt wird. Wenn ich meinen Konsum an tierischen Lebensmitteln reduziere, ist das bereits ein super Beitrag.
Von Kräutern bis Gemüse – was eignet sich eigentlich für den Anbau zu Hause?
Wer Balkon oder Garten hat, kann, was Kräuter und Gewürze angeht, ganz viel selbst machen. Ich denke da vor allem an Petersilie, Schnittlauch, Rosmarin, Salbei oder Thymian – alles Kräuter, die wunderbar im häuslichen Umfeld gedeihen. Wenn ich diese selbst anbaue, kann ich sie im Frühjahr oder Sommer auch einfrieren und für die Wintermonate vorsorgen. Tomaten, Salate oder verschiedene Wurzelgemüse sind auch super und eignen sich sehr gut für den Eigenanbau.
Stichwort Einfrieren – gehen dabei Vitamine und Mineralstoffe verloren?
Einfrieren ist ein schonendes Verfahren, bei dem Vitamine und Mineralstoffe weitestgehend erhalten bleiben. Erst beim Erhitzen oder Kochen kann es zu sogenannten Garverlusten kommen. Um das zu vermeiden, sollte man darauf achten, Petersilie oder Schnittlauch erst kurz vor Ende der Garzeit auf die Speisen zu streuen und nicht mitzukochen.
Auf was sollte ich beim Einkaufen achten?
Es gibt verschiedene Ebenen in der Nachhaltigkeit, der bewussten Ernährung und dem bewussten Einkaufen, wo jeder seinen Teil beitragen kann. Ich finde, gerade beim Einkauf können wir sehr gut darauf achten, Dinge unverpackt zu kaufen und eine eigene Tasche mitzunehmen. Mein Tipp: Machen Sie sich einen Essensplan für die Woche und gehen Sie gezielt dafür einkaufen. So macht man einmal einen Großeinkauf mit allen wichtigen Dingen und muss unter der Woche nur noch frische Sachen kurzfristig zukaufen. Das erspart eine Menge Zeit, und ich kann wieder viel bewusster planen.
Wie schaffe ich es, meine Kinder für das Thema „Bewusste Ernährung“ zu gewinnen?
Kinder sagen ja schon früh, was gut ist oder nicht, sie haben ganz schnell Vorlieben. Wichtig aus meiner Sicht: nicht zu dogmatisch sein.
Also nicht zu viele Verbote aufstellen, da Kinder sonst recht schnell die Lust verlieren, sich mit dem Essen zu beschäftigen. Warum nicht die Kinder direkt beim Einkaufen und Kochen mit einbeziehen und sie fragen, was ihr Lieblingsessen ist oder was sie gerne mögen? Bei richtigen Gemüsemuffeln kann man probieren, gewohnte Gerichte wie Hamburger mit Gemüsepattys zuzubereiten, oder einfach mal eine vegetarische Wurst oder einen pflanzlichen Brotaufstrich testen. Dabei sollte man den Kindern das Gefühl geben, Teil der Entscheidung zu sein. Das funktioniert wirklich sehr gut, denn Kinder machen in der Regel mit viel Spaß und ganz aktiv mit.