
Mentale Gesundheit mit Wau-Effekt
Er ist Deutschlands bekanntester Hunde-Coach: Seit drei Jahrzehnten beweist Martin Rütter (55) ein tierisch gutes Gespür für Menschen und ihre vierbeinigen Fellnasen. Im Interview spricht der beliebte Tierpsychologe über die emotionale Kraft von Haustieren und ihre Wirkung auf Herz und Seele.
Herr Rütter, Sie leben seit vielen Jahren mit Hunden, beruflich wie privat. Was bedeutet diese Beziehung für Sie?
Martin Rütter: Die Beziehung zwischen Mensch und Hund ist stets etwas ganz Besonderes und mit keiner anderen Verbindung vergleichbar. Zum einen leben Hunde in einer ähnlichen Struktur wie wir Menschen. Zum anderen akzeptiert der Hund den Menschen als vollwertigen Sozialpartner, sucht aktiv die emotionale Nähe zu ihm und zieht ihn manchmal sogar Artgenossen vor.
Mit wie viel Jahren bekamen Sie Ihren ersten Hund?
Meinen ersten eigenen Hund, Mina, habe ich während meiner Studentenzeit gekauft. Aber ich hatte schon immer einen engen Draht zu Hunden. Als Jugendlicher habe ich die Hunde der Nachbarn ausgeführt und die meiner Tante Thea ohnmächtig gekrault. Sie hatte in den 80er- Jahren eine Art Pflegestelle für gestrauchelte Tiere. Mich hat schon damals brennend interessiert, warum so viele Menschen um mich herum Probleme mit ihren Hunden hatten – der Beginn einer lebenslangen Leidenschaft.
Wie kam es zu Ihrer Ausbildung als Tierpsychologe?
Ursprünglich wollte ich Sportpublizistik studieren, um Sportreporter zu werden. Nebenbei begann ich, für andere Leute Hunde auszuführen und las zu jener Zeit rund 200 Fachbücher zu dem Thema. Es sprach sich dann schnell herum, dass ich wohl besonders gut mit Tieren umgehen kann. Im Laufe des Studiums entschied ich mich schließlich, eine Hundeschule zu eröffnen und Tierpsychologie zu studieren.
Was ist die wichtigste Eigenschaft, die ein Hunde-Coach mitbringen muss?
Man sollte auf jeden Fall Lust auf die Arbeit mit Menschen haben. Ich erlebe zum Beispiel, wenn sich neue Trainer bei uns bewerben, dass die dann Sachen sagen wie: „Von den Menschen bin ich enttäuscht, aber mit Hunden kann ich gut.“ Als Trainer ist man mit dieser Einstellung komplett ungeeignet. Ein guter Trainer ist sowohl dem Menschen als auch dem Hund gegenüber offen, respektvoll und geduldig. Die fachliche Kompetenz muss natürlich auch vorhanden sein, aber das kann man lernen.
Wie beeinflussen Haustiere das allgemeine Wohlbefinden und die Lebenszufriedenheit? Macht „Dr. Hund“ die Seele gesund?
Natürlich ist ein Haustier kein Wunderheiler, aber Menschen, die mit ihren Hunden viel in der Natur unterwegs sind, sind widerstandsfähiger gegenüber Erkältungen und anderen Erkrankungen. Eine Studie besagt sogar, dass sich Herz-Patienten schneller von einem Infarkt erholen können. Außerdem ist nachgewiesen, dass Hundehalter verstärkt das Bindungshormon Oxytocin und das Glückshormon Serotonin ausschütten.
Fühlen sich gerade ältere Menschen durch ein Haustier emotional unterstützt?
Unbedingt. Für viele ältere Menschen wird ein Haustier zum wichtigsten sozialen Ankerpunkt. Der tierische Mitbewohner vertreibt Einsamkeit, gibt Halt und motiviert, aktiv zu bleiben, wovon insbesondere Hundehalter profitieren. Ich habe oft erlebt, wie ein Hund das Leben im Alter nicht nur bereichert, sondern regelrecht neu entfacht hat.

Martin Rütter ist weit mehr als nur ein Hundetrainer – er ist Entertainer, Autor und Deutschlands wohl bekanntester Experte für die Beziehung zwischen Mensch und Hund. In seinen TV-Sendungen stehen er und sein Team Hundehaltern bei der Erziehung ihrer Tiere zur Seite und helfen Tierheimen bei der Vermittlung angeblich unvermittelbarer Hunde. Neben seinen TV-Formaten betreibt Martin Rütter den Podcast „Tierisch menschlich“, schreibt Bücher, hält Vorträge und geht mit seinen Live-Shows auf Tour.
Darüber hinaus engagiert er sich für den Tierschutz und gründete den Tierschutzverein Adoptieren statt Produzieren e. V. Der Verein setzt sich für die Adoption von Hunden aus dem Tierschutz ein und klärt zum Beispiel über illegalen Welpenhandel auf.
Katzen gelten als eigenwillig. Können sie trotzdem emotionale Nähe oder sogar Halt geben?
Absolut. Wer eine Katze hat, liebt vielleicht mehr das Eigenständige, man hat nicht so viel Verantwortung wie mit einem Hund. Jedes Haustier kann seinem Halter Stabilität und emotionale Nähe geben. Aber wenn wir die verschiedenen Tiere vergleichen, dann passt der Hund tatsächlich am besten von allen zum Menschen. Denn Gefühle beim Hund sind messbar, da sie Hormone ausschütten. Hunde, die ihren Halter wiedersehen, empfinden Glück und, ja, so etwas wie Liebe. Der Hund kann sich also wirklich auf einen Menschen einlassen, dadurch entsteht eine ganz besondere Nähe.
Haben Haustiere auch einen Einfluss auf unser soziales Miteinander?
Definitiv. Beispielsweise im Büro: Ein entspannter, menschenfreundlicher und gut erzogener Mitarbeiterhund kann im Betrieb wahre Wunder bewirken, etwa bei der internen Kommunikation – ein Hund kann dabei helfen, Brücken zu bauen. Abteilungen, die sonst nichts bis wenig miteinander zu tun haben, geraten über den Hund in einen intensiveren Austausch, die Kommunikation untereinander wird dadurch gefördert. Das gilt auch im Privatleben: Durch einen Hund kann schnell ein Gespräch im Park, auf der Hundewiese oder mit dem Nachbarn entstehen.
Sie selbst sind ja fünffacher Familienvater. Was raten Sie Eltern, deren kleine Kinder sich ein Haustier, etwa einen Hund, wünschen?
Klar ist: Ein Hund mag zwar auch dem Kind zuliebe angeschafft werden, die Verantwortung liegt jedoch letztendlich immer bei den Eltern. Sie sind für die Erziehung des Hundes zuständig. Jedoch können die Kinder in die Erziehung eingebunden werden, indem sie kleinere Aufgaben gemeinsam mit den Eltern übernehmen. Ich rate den Leuten immer, dass sie warten sollen, bis das Kind in der Grundschule ist. Ich habe nämlich mit meinen eigenen Kindern die Erfahrung gemacht, dass es in dieser Phase richtig passend ist, zum Beispiel, um mit den Kindern bewusst Spielregeln aufzubauen.
Haustiere wie ein Hund haben also einen pädagogischen Wert?
Auf jeden Fall. Grundsätzlich glaube ich, dass es nichts Schöneres für ein Kind gibt, als mit einem Hund aufzuwachsen. Die Kids lernen, ein empathisches Bewusstsein für ein anderes Lebewesen zu entwickeln. Gleichzeitig müssen Spielregeln eingehalten werden. Sowohl das Kind als auch der Hund benötigen Rückzugsmöglichkeiten, Tabu-Orte beziehungsweise Situationen, in denen der jeweils andere nichts zu suchen hat.
Was sollte ich bedenken, wenn ich mir einen Hund anschaffen möchte?
Schon im Vorfeld sollte man sich Gedanken machen, welcher Hund zu den eigenen Lebensumständen passt. Ein sehr aktiver Mensch, der lange Tageswanderungen wohl kaum mit einem Bernhardiner oder Mops glücklich werden, da diese wenig Motivation für so viel Aktivität mitbringen – ganz abgesehen vom Körperbau. Genauso wird aber ein eher gemütlicher, inaktiver Mensch kaum mit einem aktiven Jagd- oder Hütehund glücklich werden. In jeder guten Hundeschule kann man sich vor der Anschaffung dahingehend beraten lassen.
Was war das schönste Erlebnis in Ihrer langjährigen Arbeit mit Hunden und deren Haltern?
Ich freue mich immer wieder aufs Neue, wenn es mir gelingt, Probleme zwischen Mensch und Tier zu lösen, und sich aus der einst schwierigen Beziehung ein glückliches Miteinander entwickelt. Und natürlich, wenn wir es wie bei „Die Unvermittelbaren“ schaffen, Hunde, die eigentlich keine Chance und Perspektive mehr haben, doch noch in ein neues Zuhause zu vermitteln. Das sind jedes Mal Gänsehautmomente.
Gewinnspiel: Versuchen Sie Ihr Glück!

Wir verlosen fünf Exemplare des Buchs „Hund und Kind – mit Martin Rütter: So werden sie zum perfekten Team“, gesponsert vom Franckh-Kosmos-Verlag.
Einfach bis zum 15. Oktober 2025 eine E-Mail mit dem Betreff „Gewinnspiel Martin Rütter“ an fuermich@ikk-sw.de schicken.
Ausgelost wird nach dem Zufallsprinzip – wir drücken die Daumen!
Gewinnspielbedingungen: Veranstalter des Gewinnspiels ist die IKK Südwest, Europaallee 3 – 4, 66113 Saarbrücken. Ausgeschlossen sind Personen unter 18 Jahren sowie Mitarbeiter der IKK Südwest. Die Gewinner werden unmittelbar im Anschluss an die Auslosung schriftlich enachrichtigt. Der Gewinn wird ohne Entstehung von Kosten postalisch zugesandt. Der Rechtsweg sowie eine Auszahlung der Preise sind ausgeschlossen.