September 2025

Beim Gärtnern blüht die Seele auf

Auch mit stolzen 100 Jahren noch mit großer Freude dabei: Gisela Placzke

Beim Gärtnern blüht die Seele auf

Gisela Placzke liebt die Natur. Behutsam beugt sich die 100-jährige Seniorin über einen duftenden Rosenstrauch, gießt etwas Wasser rund um die Wurzeln, streicht zart über die samtigen Blätter. Wenig später spaziert sie – den Rollator fest im Griff – um den kleinen, idyllischen Gartenteich und schnuppert an den Kräutern, die sich aus dem Hochbeet Richtung Sonne recken: Salbei, Minze, Lavendel – vertraute Düfte, die Erinnerungen an ihren früheren Garten wecken.

Seit zwei Jahren lebt Gisela Placzke im Seniorenstift St. Katharina in Treis-Karden, nordöstlich von Cochem. Dass sie auch hier nicht auf ihr geliebtes Gärtnern verzichten muss, verdankt sie einem besonderen Therapieprojekt, das die Einrichtung mit Unterstützung der IKK Südwest und des Instituts „Gärten helfen Leben“ seit März 2025 anbietet. Seitdem blühen hier nicht nur Blumen, Kräuter und Sträucher, auch das Miteinander der 74 Bewohner im Alter zwischen 62 und 100 Jahren ist spürbar lebendiger geworden.

Die IKK Südwest unterstützt nicht nur bei der Durchführung des wissenschaftlich evaluierten Projekts, sondern fördert auch die Qualifizierung des Personals für eine nachhaltige Umsetzung. Zwei Mitarbeitende des Seniorenstifts lassen sich derzeit zu anerkannten gartentherapeutischen Assistenzkräften ausbilden, inklusive Abschlussdiplom. In 14 Praxiseinheiten, ergänzt durch theoretische Online-Seminare, wird über sieben Monate hinweg mit den Senioren gearbeitet – stets abgestimmt auf ihre körperliche und mentale Verfassung. Ziel ist es, bis Jahresende ein tragfähiges, individuelles Konzept zu entwickeln und die Gartentherapie dauerhaft im Pflegealltag zu verankern.

Gelungenes Gemeinschaftsprojekt Gartentherapie: Nadine Fußinger, Gesundheitsberaterin der IKK Südwest, Diana Retterath, Leiterin Soziale Betreuung im Seniorenstift St. Katharina, Doris Schneiders, Leiterin des Seniorenstifts, und Astrid Schäfer vom Institut „Gärten helfen Leben“ (v. l. stehend) mit Bewohnern und ihren Betreuungskräften

Kleine, aber feine Erfolgserlebnisse

„Es geht nicht nur ums Pflanzen, Gießen und Unkrautjäten. Im Mittelpunkt steht das sinnliche Erleben, das kreative Gestalten, das Erinnern, die Gemeinschaft“, erklärt Astrid Schäfer, Garten-Coachin beim Institut „Gärten helfen Leben“.

Rosen werden nicht nur gepflegt, sondern auch erschnuppert. Kräuter werden geerntet, ertastet, besprochen – und zu aromatischem Kräuterquark verarbeitet. Kartoffeln wachsen als kleine persönliche Projekte heran: Jeder Pflanzentopf wird zur Aufgabe, jeder frische Trieb zum Erfolgserlebnis. Das Gärtnern durchzieht mittlerweile den gesamten Alltag der Einrichtung – mit Blumentischen, Duftreisen und Gesprächen über Gartenerinnerungen.

Diana Retterath, Leiterin Soziale Betreuung im Seniorenstift, beobachtet die positiven Effekte: „Gerade Bewohner mit mittlerer bis schwerer Demenz öffnen sich durch das Gärtnern. Sie sind ausgeglichener, zugewandter, emotional zugänglicher – das kann auch unsere Pflegekräfte entlasten.“

Auch Nadine Fußinger, Gesundheitsberaterin der IKK Südwest, bestätigt: „Bereits nach wenigen Wochen waren positive Entwicklungen spürbar.“ Die Gartentherapie fördere nicht nur Lebensfreude, sondern auch körperliche Aktivität und kognitive Fähigkeiten.

Positive Wirkung wissenschaftlich belegt

Ihre Wirkung lässt sich auch wissenschaftlich belegen: Studien zeigen, dass gemeinschaftliches Gärtnern das Immunsystem stärkt, Herz und Kreislauf aktiviert und depressive Verstimmungen lindern kann. Besonders im Alter, wenn Beweglichkeit und Selbstständigkeit nachlassen, wird der Garten zum vertrauten, lebendigen Ort – voller Möglichkeiten zur Teilhabe.

Und Gisela Placzke? Sie genießt jeden Tag das Miteinander, die Nähe zur Natur – und verrät mit einem seligen Lächeln, warum ausgerechnet Nelken ihr Herz berühren: „Nelken sind meine Lieblingsblumen. Denn sie erinnern mich an meinen damaligen Brautstrauß.“

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