September 2022

„Gesundheit ist ein Thema, das alle betrifft“

„Gesundheit ist ein Thema, das alle betrifft“

Sie ist Ärztin, Medizin-Journalistin, Buchautorin und moderiert jeden Montag um 20.15 Uhr im SWR Fernsehen das Gesundheitsmagazin „Doc Fischer“. für mich sprach mit Dr. Julia Fischer (38) über Glücksgefühle und lästige Coronapfunde.

Was ist für Sie das Spannende am Thema „Gesundheit“?

Dr. Julia Fischer: Es gibt einfach nichts Faszinierenderes als unseren Körper. Dieses Wunderwerk aus Millionen Zellen und verschiedenster Organe – das sollten wir alle nach bestem Wissen und Gewissen gesund erhalten. Wie wir das am besten schaffen, darüber möchte ich aufklären.

Wollten Sie schon immer Ärztin werden?

Als kleines Mädchen wollte ich Tierärztin werden, in der Schulzeit habe ich jedoch gemerkt, dass ich wahnsinnig gerne schreibe, Geschichten erzähle und Dinge, die mich persönlich faszinieren, am liebsten der ganzen Welt mitteile. Hinzu kam mein großes Interesse an Medizin. Da lag es also auf der Hand, diese beiden Bereiche miteinander zu verbinden. So wurde ich Medizinjournalistin.

„What a feeling! Alles über die fabelhafte Welt unserer Gefühle“ heißt die Neuauflage Ihres Sachbuchs, das gerade erschienen ist. Sollten wir alle mehr auf unseren Bauch hören? Und mehr Gefühle zulassen?

Unbedingt! Gefühle bestimmen unser Sein, beeinflussen unser Verhalten, unsere Entscheidungen und bilden die Basis für unsere zwischenmenschlichen Beziehungen. Niemand sollte daher aus seinem Herzen eine Mördergrube machen. Es tut Körper und Seele gut, seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen, mit sich in Kontakt zu sein und auch darüber zu sprechen. Wenn Sie also gerade auf Wolke sieben schweben, dann dürfen Sie das auch zeigen. Singen Sie oder machen Sie einen Luftsprung – egal! Oder sind Sie traurig? Dann schämen Sie sich Ihrer Tränen nicht. Wer Freude, Kummer, Wut und Trauer immerfort unterdrückt, kann auf Dauer seelisch wie körperlich krank werden.

Gerade Männer scheinen sich aber schwerzutun, über ihre Gefühle zu sprechen.

Weil sie es zumeist nicht gelernt haben. Doch wer seine Gefühle immer nur in sich hineinfrisst, der leidet viel eher unter Stress und Burnout. Jungs werden leider viel zu oft dazu erzogen, keine Schwäche zu zeigen, nicht zu weinen. Stattdessen machen sie Probleme mit sich selbst aus. Dabei wäre es doch viel besser, über Sorgen, Ängste und Krisen offen zu reden. Mit ein Grund, warum bei Männern Depressionen viel seltener diagnostiziert werden als bei Frauen. Sie sprechen schlichtweg nicht über ihre Probleme.

Die Coronapandemie hat viele von uns dicker, träger und behäbiger gemacht. Eine Studie der TU München hat ergeben, dass 40 Prozent der Deutschen während der zurückliegenden beiden Jahre fünf bis sechs Kilo zugelegt haben. Wie bringe ich diese Pfunde wieder zum Schmelzen?

Von Crash-Diäten halte ich wenig. Achten Sie lieber ganz bewusst darauf, wann Sie tatsächlich satt sind, und legen dann die Gabel zur Seite. Ratsam ist auch eine frische, vitaminreiche, ausgewogene Ernährung. Essen Sie möglichst bunt und gesund. Also mehr Gemüse, weniger Fleisch – und Finger weg von Fertigprodukten, die meist voller künstlicher Aromen und Konservierungsstoffe stecken. Kochen Sie lieber selbst. Dann wissen Sie auch, was auf dem Teller landet.

Viele Menschen gehen erst zum Arzt, wenn sie krank sind. Dabei ist Vorbeugen immer besser als Heilen. Sollte man sich rechtzeitiger einen gesünderen Lebensstil angewöhnen? Stichwort: Prävention und Vorsorge?

Auf jeden Fall. Gesundheit ist ein Thema, das alle betrifft. Und wir sollten nicht müde werden, das Bewusstsein darüber zu stärken. Wer sich gesund ernährt, sich viel bewegt, nicht raucht und ärztliche Vorsorge-Checks wahrnimmt, bleibt länger gesund und hat einfach mehr vom Leben.

Gehört das Thema „Gesundheit“ in die Schule?

Klares Ja! Ich würde mir wünschen, dass das Thema bereits in Kitas und Schulen präsenter wäre, ein stärkeres Bewusstsein geschaffen würde. Schon Kinder sollten lernen, wie man gesundes Essen selbst zubereitet, warum Vitamine wichtig sind und dass es gut ist, sich möglichst viel zu bewegen.

Sitzen gilt als das neue Rauchen. Im Schnitt sitzen wir 9,6 Stunden am Tag auf unseren vier Buchstaben, tagsüber in ge- krümmter Haltung am Schreibtisch, abends regungslos vorm Fernseher. Ist das nicht Gift für die Gesundheit?

Absolut. Daher: Jeder Schritt, jede Aktivität, jede Bewegung zählt. Selbst ein Spaziergang ist besser als zuhause rumzusitzen. Mein Tipp: Suchen Sie sich einen Sport, der Ihnen Spaß macht und zu Ihrer Persönlichkeit passt. Setzen Sie sich kleine, realistische Ziele. Niemand muss gleich morgen einen Marathon gewinnen.

Wie halten Sie sich persönlich fit?

Früher habe ich viel Leichtathletik gemacht und war regelmäßig schwimmen. Heute gehe ich öfter joggen, mache zu Hause Fitness mithilfe von Online-Kursen oder verabrede mich mit Freundinnen im Park zum Outdoor-Frühsport. Gemeinsam trainieren macht einfach mehr Spaß. Außerdem: Wer sich mit Freunden zum Sport verabredet, kneift seltener.

Frau Dr. Fischer, ganz herzlichen Dank für unser Gespräch!