Große IKK-Umfrage zu Long COVID
Über Long COVID ist auch knapp zwei Jahre nach Auftreten des SARS-CoV-2-Virus nur relativ wenig bekannt. Zwar gibt es erste Studien, ein umfassendes Bild lässt sich damit aber bisher bei Weitem noch nicht zeichnen. Mit einer Befragung unter den Versicherten der IKK Südwest werfen wir einen Blick auf die Situation in Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland.
Versichertenbefragung der IKK Südwest
Insgesamt 1.469 Versicherte haben an unserer Befragung zu Long COVID teilgenommen, davon waren 1.131 bereits an COVID-19 erkrankt. Bei 84 Prozent lag die Erkrankung länger als sechs Monate zurück, bei weiteren 15 Prozent zwischen drei und sechs Monaten. Lediglich ein Prozent war vor weniger als einem Monat erkrankt.
Das Ergebnis ist wenig beruhigend: Knapp zwei Drittel der Erkrankten klagen über Long-COVID-Symptome. Am häufigsten berichten die Teilnehmer von Müdigkeit, Erschöpfung oder eingeschränkter Belastbarkeit (48 Prozent). Auf Platz zwei stehen Konzentrations- und Gedächtnisprobleme mit 35 Prozent, gefolgt von Kurzatmigkeit mit 25 Prozent und Schlafstörungen mit 24 Prozent.
Nur zwei Prozent berichten dabei, dass die Langzeitfolgen sie gesundheitlich nicht beeinträchtigen. Glücklicherweise sagen aber gerade einmal fünf Prozent, dass sie von Long COVID sehr stark beeinträchtigt seien – die große Mehrheit der Befragten ordnet sich zwischen den beiden Extremen ein.
Versichertenbefragung: Auftretende Beschwerden bei Long COVID;
Mehrfachnennungen möglich
1) 390 (35 %): Konzentrations- und Gedächtnisprobleme
2) 224 (20 %): Wortfindungsstörungen
3) 543 (48 %): Müdigkeit, Erschöpfung oder eingeschränkte Belastbarkeit
4) 278 (25 %): Kurzatmigkeit
5) 265 (24 %): Schlafstörungen
6) 199 (18 %): Muskelschwäche und/oder -schmerzen
7) 209 (19 %): Geruchs- oder Geschmacksstörungen
8) 146 (13 %): Verschlechterung der Lungenfunktion
9) 199 (18 %): Psychische Probleme wie depressive Symptome oder Ängstlichkeit
10) 118 (11 %): Herz-Kreislauf-Beschwerden
11) 102 (9 %): Sonstiges
Prof. Dr. Jörg Loth, Vorstand der IKK Südwest, sieht diese Werte mit deutlicher Sorge: „Auch wenn zahlreiche COVID-19-Patienten als genesen gelten, sind sie lange Zeit nach der eigentlichen Erkrankung noch gesundheitlich eingeschränkt, und das zum Teil ganz erheblich. Das heißt auch, dass immer noch Patienten der ersten Welle unter den Folgen der Erkrankung leiden.“
Und zwar unabhängig davon, wie schwer der Krankheitsverlauf war: Lediglich 16 Prozent der Befragten beurteilen ihren Verlauf als schwer, die restlichen 84 Prozent als leicht oder mittelschwer. Inwiefern Vorerkrankungen dabei eine Rolle spielen, ist nicht abschließend zu klären. In unserer Befragung haben viele Teilnehmer angegeben, vorerkrankt zu sein, am häufigsten werden Herz-Kreislauf-Beschwerden und Übergewicht genannt.
Zu wenige gehen zum Arzt
Bedenklich ist, dass nur etwa ein Drittel der Erkrankten, die über Langzeitfolgen klagen, diese auch behandeln lassen – und sich der überwiegende Teil davon mit der ärztlichen Behandlung weniger oder nicht zufrieden zeigt. Am häufigsten geben die Patienten an, dass sich ihre Beschwerden nach dem Arztbesuch nicht gebessert hätten, viele haben aber auch das Gefühl, dass der Arzt auf ihre Beschwerden nicht adäquat eingegangen sei. „Die Datenlage zu Long COVID ist aktuell noch nicht zufriedenstellend. Wir wissen weiterhin nicht, wie viele Menschen unter Langzeitfolgen leiden. Die wenigen Erkenntnisse, die vorliegen, sind nicht belastbar“, so Prof. Dr. Loth weiter. „Trotzdem gibt es Vorschläge zur Behandlung von Post-COVID-Patienten. Umso wichtiger ist es, dass Betroffene den Arztbesuch nicht auf die lange Bank schieben, sondern sich schnell ärztliche Hilfe holen.“
Kostenfreie Beratung
Zusätzlich zum Besuch beim Arzt steht Betroffenen und Angehörigen unsere IKK Medizin-Hotline zur Verfügung. Dort erhalten sie Auskünfte zu fachärztlichen Behandlungen und psychologischen Beratungsangeboten. Zudem beantwortet das Expertenteam Fragen rund um Rehabilitationsmaßnahmen oder vermittelt schnell spezielle Versorgungsangebote. Unsere Medizin-Hotline ist an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr unter 0800/0 133 000 erreichbar.